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Kapitalmarktausblick: Schwierig – bevor es besser wird

Für Sie

Die Lage an den Kapitalmärkten dürfte zunächst schwierig bleiben, bevor eine Besserung eintritt. Davon geht unser Wertpapierexperte Dominic Aschenbrenner mit Blick auf das zweite Halbjahr 2022 aus. Aktuell herrscht viel Unklarheit über den Inflationspfad, die Wachstumsaussichten, die Geldpolitik und die Marktliquidität. In Kombination mit dem Krieg in der Ukraine und der Covid-Situation in China lastet diese Unsicherheit auf den Kapitalmärkten. So lange wir keine Klärung bei diesen Schlüsselfaktoren haben, bleiben die Perspektiven für chancenorientierte Anlagen gedämpft. Die nächsten Monate werden wohl eher schwierig. Allerdings haben wir in Deutschland eine gute Basis. Die bislang robuste Konjunktur, die gute Ertragslage der Unternehmen und die Fiskalpolitik dienen als unterstützende Faktoren. Je länger das Jahr andauert, umso mehr dürfte sich der Nebel der Unsicherheit lichten und umso besser werden die Anlageaussichten.

Das Kapitalmarktjahr 2022 markiert in mehrfacher Hinsicht eine Zeitenwende. Die Corona-Pandemie hat bestehende Trends beschleunigt, andere abgebrochen und wieder andere ausgelöst. Zudem legt die Inflation kräftig zu und mit ihr steigen die Zinsen. Zudem erfordert der russische Einmarsch in die Ukraine eine Neubewertung politischer Risiken. Dieser dreifache Richtungswechsel führt zu einer Neukalibrierung des Kapitalmarktumfeldes. Das alte ‚Vor-Corona-Gleichgewicht‘ mit niedriger Inflation, ultralockerer Geldpolitik und geringer geopolitischer Risikoprämie trägt nicht mehr. Derzeit befinden wir uns im Übergang in ein neues Post-Corona-Gleichgewicht, von dem bislang nur Umrisse wie höhere Inflationsniveaus oder eine Rückkehr des Großmachtwettbewerbs auf die internationale Bühne erkennbar sind. Diese Übergangsphase ist mit hoher Unsicherheit verbunden und das lastet aktuell auf den Kapitalmärkten und der Konjunktur.

Hohe Unsicherheit bei Inflation, Wachstum, Geldpolitik und Marktliquidität 

Aus Investorensicht dürften vier Kernpunkte entscheidend sein für den weiteren Verlauf des Börsenjahres: Inflation, Wachstum, Geldpolitik und Marktliquidität. Bei diesen Themen herrscht aktuell große Unklarheit – und so lange das so bleibt, werden die Kurse kaum steigen. 

In den ersten Monaten des Jahres waren vor allem Inflationssorgen prägend für die Kapitalmärkte. Der Inflationsdruck hat sich verstetigt und verbreitert, sodass wir eine Rückkehr zu den Vor-Corona-Niveaus so schnell nicht wieder sehen werden. Allerdings ist, beginnend in den USA, mit rückläufiger Teuerung im Jahresverlauf zu rechnen. Viele realwirtschaftliche Verspannungen werden sich lösen, von Lieferketten bis zu überdimensionierter Güternachfrage. Die Inflation wird daher in den USA als auch später in Europa langsam, aber stetig sinken. Das nimmt Druck von der Geldpolitik, den Bogen nicht zu überspannen, was in der Vergangenheit leider am Ende zu oft der Fall war. Für das Gesamtjahr 2022 sehen die Prognosen von Union Investment einen Anstieg der Verbraucherpreise um 7,4 Prozent vor, während der Wert im Euroraum bei 7,3 Prozent liegen dürfte. Ein durchgreifender Rückgang ist demnach erst im Jahr 2023 zu sehen, wo sich die Inflation in beiden Volkswirtschaften etwa halbieren dürfte.

Langsamer, aber stetiger Inflationsrückgang erwartet 

Der nur langsame Rückgang der Teuerung bleibt weiter eine Quelle der Unsicherheit. Entscheidend ist, ob die Notenbanken die Inflation in den Griff bekommen – oder über das angekündigte Maß hinaus straffen müssen. Eine weitere Voraussetzung dafür ist eine deutliche Entspannung in der Realwirtschaft. Andernfalls besteht die Gefahr, dass die Währungshüter im Kampf gegen die Inflation eine Rezession auslösen. Diese Sorge wird uns mindestens über den Sommer begleiten. Eng wird es dabei im Euroraum, da wir uns aufs Gesamtjahr bereits nahe der Stagnation befinden. Für die USA ist die Lage günstiger. Damit verringert sich das Risiko eines weltweiten Wirtschaftsabschwungs.

Konkret erwartetn wir in den Vereinigten Staaten Leitzinsanhebungen durch die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) um weitere 175 Basispunkte bis Jahresende, beginnend mit zwei 50er Schritten im Juni und Juli. Die Straffungsmaßnahmen der Fed sind gut kommuniziert und daher am Markt bereits weitgehend verarbeitet. Deshalb ist nur noch von geringem Aufwärtsdruck auf die US-Zinsen auszugehen. Für US-Treasuries mit zehnjähriger Laufzeit ist mit einem ein Renditeniveau von rund 3,15 Prozent zum Jahresende zu rechnen. Anders stellt sich die Situation hingegen bei der Europäischen Zentralbank (EZB) dar. Der geldpolitische Schwenk der EZB steht erst noch bevor. Insbesondere rund um die Juli-Sitzung kann es an den europäischen Anleihemärkten turbulent werden. Weitere Renditeanstiege im Euroraum sind insbesondere im kurzlaufenden Bereich möglich, während bei Anleihen mit zehnjähriger Laufzeit nur noch geringe Steigerungen wahrscheinlich sind.

Konjunktur im Stresstest – Wachstum verliert an Dynamik

In der Kombination von hartnäckig hoher Inflation, anhaltender Angebotsprobleme und zu starker Straffung der Geldpolitik liegt das größte Risiko für die Konjunktur.

Daher haben Wachstumssorgen die Inflationsthematik als dominanten Markttreiber zurecht abgelöst, denn das Risiko für ein Abrutschen der Weltwirtschaft in die Rezession ist deutlich gestiegen. Allerdings ist davon auszugehen, dass den Notenbanken die Gratwanderung zwischen Inflationsbekämpfung und Konjunkturschutz gelingt. Auch aus China sind positive Impulse durch eine erfolgreichere Corona-Bekämpfung mit schnellen, harten und zielführenden Lockdowns sowie zusätzlichen Hilfen durch Geld- und Fiskalpolitik zu erwarten. Den US-Konsum rechnen wir ebenfalls zu den Konjunkturstützen. Die amerikanischen Haushalte haben in der Pandemie hohe Rücklagen gebildet, profitieren über steigende Einkommen vom boomenden Arbeitsmarkt und befinden sich daher in einer sehr guten Finanzsituation. Das schützt den Konsum vor einem scharfen, inflationsausgelösten Einbruch. Wir rechnen daher trotz der Belastungen aus steigenden Preisen und strafferer Geldpolitik für die US-Wirtschaft mit einem Wachstum von 2,4 Prozent für 2022.

Weniger zuversichtlich sind wir für den Euroraum, der stärker unter den Folgen des Ukraine-Krieges leidet. Wir erwarten, dass sich der Krieg in der Ukraine noch etliche Monate hinziehen wird. Damit dürfte es auch keine deutliche Entspannung bei hohen Rohstoffpreisen oder den Problemen mit Lieferketten in die Ukraine geben. Hinzu kommt aktuell noch die schwache Exportnachfrage aus China. Das Wachstum im Euroraum ist zum Erliegen gekommen. In der zweiten Jahreshälfte rechnen wir mit einer moderaten Erholung. Insgesamt halten wir übers Jahr ein Wachstum von 2,1 Prozent für realistisch, in Deutschland von lediglich 1,4 Prozent. Sollte es zu einem Stopp der Lieferungen von russischem Erdgas kommen, so wäre eine Rezession wohl unvermeidlich.

Mehr Klarheit bei Schlüsselfaktoren, bessere Anlageaussichten im Jahresverlauf

In den kommenden Monaten dürfte das Kapitalmarktumfeld daher von einer Mischung aus hohen Inflationsraten, Spekulationen um den Kurs der Zentralbanken und Wachstumssorgen geprägt sein. In dieser Phase werden es chancenorientierte Anlagen schwer haben. Zudem könnte diese Kombination dazu führen, dass eine vorübergehend schwache Marktliquidität und risikomanagementbedingte Portfolioanpassungen großer Investoren möglicherweise die Lage zusätzlich erschweren. An den Kapitalmärkten ist also vorübergehend Vorsicht geboten. Allerdings rechnen wir mit einer Verbesserung im Jahresverlauf. 

Erfolgsfaktoren: hohe taktische Aktivität, relative Positionen und sorgfältige Titelselektion

Vor diesem Hintergrund setzen die Experten von Union Investment auf hohe Aktivität, relative Positionen und sorgfältige Titelselektion. Das schwankungsanfällige, fragile Umfeld erfordert demnach also häufigere und kurzfristiger angelegte Investitionsentscheidungen als in ruhigeren Marktphasen. Zudem spricht viel dafür, innerhalb einzelner Anlageklassen die Attraktivitätsunterschiede verschiedener Subsegmente gegeneinander auszuspielen (relative Positionen bzw. „Pair Trades“), zum Beispiel durch eine stärkere Gewichtung von Substanz- gegenüber Wachstumswerten auf der Aktienseite. Insgesamt halten wir Aktien zwar kurzfristig für belastet, langfristig aber weiter für unverzichtbar. Trends wie die nachhaltige Transformation unserer Volkswirtschaften sind intakt und bieten nach wie vor Anlagechancen. Außerdem bieten die derzeit wirkenden Marktkräften die Möglichkeit für aktives Stockpicking. Die Ertragslage im Unternehmenssektor ist weiterhin  gut – nur nicht überall. Firmen mit hoher Preissetzungsmacht sind klar im Vorteil. Zudem sollten die Belastungsfaktoren im Jahresverlauf an Stärke verlieren und damit den Weg für erneute Kurszuwächse frei machen. Für den deutschen Leitindex DAX halten wir daher zum Jahresende einen Wert von 15.100 Punkte für durchaus realistisch.

Auch für Unternehmensanleihen haben sich die Marktaussichten zunächst verschlechtert, insbesondere im Euroraum. Bislang tritt die EZB noch als starker, wenig preissensitiver Käufer von Anleihen auf. Diese Unterstützung wird im Frühsommer auslaufen und Peripherie- und Unternehmensanleihen belasten. Für eine Verbesserung der Perspektiven braucht es mehr Klarheit bei den genannten Kernfragen.

Rohstoffe waren bislang eine der wenigen Anlageklassen, die seit Jahresanfang Zuwächse verzeichnen konnten. Ob diese Entwicklung in gleichem Maße anhält, bleibt abzuwarten. Ölprodukte dürften über den Sommer noch knapp bleiben, aber danach sollte sich die Lage durch neu hinzukommendes Angebot entspannen. Die Experten bei Union Investment haben daher ein Preisziel von 95 US-Dollar je Barrel Rohöl der Nordseesorte Brent zum Jahresende errechnet. Deutlich aussichtsreicher sollten hingegen die Industriemetalle sein, die von einer Belebung der Konjunktur in China profitieren dürften.

Es liegen also schwierige Monate vor den Kapitalmärkten, in deren Verlauf mit Turbulenzen zu rechnen ist. Allerdings erwarten wir mit zunehmender Klarheit über die künftige Entwicklung bei Inflation, Geldpolitik und Wachstum auch wieder mehr Raum für Kurszuwächse bei chancenorientierten Assets. Kurzfristig sollte man auf der Hut sein. Mittelfristig nehmen die Chancen wieder zu, und die sollte man nicht verpassen. Und langfristig stehen die Börsen vor fundamentalen Richtungswechseln, die uns in ein stark verändertes Umfeld führen werden.

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Dann vereinbaren Sie doch einfach einen Termin mit unserem Experten Dominic Aschenbrenner. Sie finden ihn in unserer Geschäftsstelle in Wörth, per Telefon 09482 941723 oder via email dominic.aschenbrenner@rbfalkenstein-woerth.de. Er freut sich auf Sie!

Quellen Union Investment